Volltextsuche innerhalb der Steuerdatenbank
Bürgschaft auf erstes Anfordern im Baugewerbe
Der Auftraggeber eines Bauvorhabens kann in seinen "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" nicht
verlangen, dass der Auftragnehmer als Sicherheit für die Vertragserfüllung die im Baugewerbe vielfach übliche "Bürgschaft
auf erstes Anfordern" stellt.
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs hat der Auftraggeber zwar ein berechtigtes Interesse daran, dass seine
Ansprüche bei unzureichender Vertragserfüllung des Auftragnehmers abgesichert sind; diese Absicherung muss jedoch nicht zwingend
durch eine o. g. Bürgschaft erfolgen.
Als Begründung führten die Richter an, dass die Bürgschaft auf erstes Anfordern unangemessen über
das Sicherungsbedürfnis des Auftraggebers hinausgeht und sich somit ausschließlich zu Lasten des Auftragnehmers auswirkt. Auf Grund
einer solchen Bürgschaft kann der Auftraggeber von der bürgenden Bank nämlich auch ohne näheren Nachweis des
Sicherungsfalls die Auszahlung der Bürgschaftssumme verlangen. Diese Tatsache birgt die Gefahr, dass der Auftraggeber das
Sicherungsmittel in Anspruch nimmt, obwohl der Bauhandwerker seine Arbeit ordnungsgemäß erbracht hat. Demnach ist die Sicherung der
Vertragserfüllung über eine Bürgschaft auf erstes Anfordern in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit den wesentlichen
Grundgedanken des Werkvertragsrechts nicht zu vereinbaren.
Das Sicherungsmittel der einfachen Bürgschaft reicht aus, denn deren Inanspruchnahme setzt den
Nachweis voraus, dass der Sicherungsfall eingetreten ist, also der Bauhandwerker schlechte Arbeit geleistet hat. (BGH-Urt. v. 18.4.2002
VII ZR 192/01)
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil v. 18.4.2002 (VII ZR 192/01) entschieden, dass der Auftraggeber eines
Bauvorhabens in seinen "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" nicht verlangen darf, dass der Auftragnehmer als Sicherheit für
die Vertragserfüllung die im Baugewerbe vielfach übliche "Bürgschaft auf erstes Anfordern" stellt. Eine solche
Klausel ist unwirksam.
Ergänzung: Zu dem oben aufgeführten Urteil hatten die Richter ferner darüber zu befinden,
ob wegen der durch den ersatzlosen Wegfall dieser Klausel entstehenden Lücke bei der Sicherung des Auftraggebers der Bauvertrag ergänzend
dahin auszulegen ist, dass der Unternehmer eine gewöhnliche, selbstschuldnerische Bürgschaft zu stellen hat. Eine solche Auslegung für
eine Übergangszeit wurde bejaht. Ein ersatzloser Wegfall der Klausel über die Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes
Anfordern würde dem beiden Parteien bei Vertragsabschluss bewussten Interesse des Auftraggebers an einer Sicherung der Vertragserfüllung
durch den Auftragnehmer nicht gerecht. An die Stelle der unwirksamen Klausel tritt die Gestaltung, die die Parteien bei sachgerechter Abwägung
der beiderseitigen Interessen gewählt hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Klausel bekannt gewesen wäre. Danach hat der
Auftragnehmer eine gewöhnliche, selbstschuldnerische Vertragserfüllungsbürgschaft zu stellen.
Der BGH hat jedoch einschränkend betont, dass eine solche ergänzende Vertragsauslegung nur solange in Betracht kommen kann, als
eine von den Vertragsparteien nicht bedachte Unwirksamkeit der Klausel und damit eine Vertragslücke anzunehmen ist.
Von einer ausfüllungsbedürftigen Lücke kann nämlich nicht mehr die Rede sein, wenn der Auftraggeber die Klausel bewusst
abschließend verwendet. Davon ist auszugehen, wenn nach Bekanntwerden der vorliegenden Entscheidung der Auftraggeber in neuen
Bauverträgen an der Klausel mit der Stellung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern festhält und sie damit entgegen der
aktuellen Rechtsprechung weiterverwendet. (BGH-Urt. v. 4.7.2002 VII ZR 502/99)
Haftungshinweis
Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt.
Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.
© 2024 Steuerberaterin Gräber · Rathausstraße 21 · 10178 Berlin
Problem? Sie brauchen Rat
und Unterstützung?
Es ist dringend?
Wir helfen Ihnen gerne!